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|a Die Verwaltung war schon immer Anwendungsbereich für Managementkonzepte und -moden. Vor allem die Kommunalverwaltungen in großen Städten waren hier Vorreiter, denn einerseits sind sie dem Druck durch die Bürger und unterschiedliche Zielgruppen unmittelbarer ausgesetzt als etwa Landes- und Bundesverwaltungen, andererseits sind sie groß und komplex genug, um sich systematischer mit ihren Management- und Führungsproblemen auseinander setzen zu können und zu müssen. So war in den 1970er Jahren das Thema "Organisationsentwicklung" relevant, in den 1980er Jahren das Thema "Qualitätszirkel", in den 1990er Jahren das Thema "Neue Steuerung", in den 2000er Jahren das Thema "Bürgerkommune" und in unserem Jahrzehnt Konzepte wie "Agile Verwaltung", "Resiliente Organisation", "Führung in der digitalisierten Verwaltung", "Fehlerkultur", "Transformationale Führung" u.a. Der Konjunkturzyklus einer solchen Managementmoden ist dreistufig: a) Die Euphoriephase des Anfangs, b) die Veralltäglichung des Konzepts durch Bemühen um ihre praktische Anwendung, c) das Abflauen der Mode angesichts neuer, zuvor nicht wahrgenommener Probleme und Anforderungen. Führungskräfte in allen Gliederungen der Verwaltungen haben erkannt, dass Managemementmoden durchaus brauchbar sind, dass sie taktisch und klug genutzt werden können, nicht nur im Sinne einer möglichen instrumentellen Nutzung, sondern auch im mikropolitischen Sinne. Mit dem Bemühen und Ausflaggen von Konzepten lässt sich ggfs. Zeit gewinnen, andere (vielleicht unangenehme) Themen auf der Hinterbühne platzieren, Mitarbeiter und Führungskräfte beschäftigen, die u.U. an der falschen Stelle sitzen. Dieser reflexive Umgang mit Konzepten ist nicht als Zynismus misszuverstehen, sondern als Ausdruck des Umgangs mit vielfältigen Widersprüchlichkeiten und Paradoxien bzw. der Komplexität der Organisation, mit der Führungskräfte i.d.R. konfontiert sind. In diesem Sinne benötigen Führungskräfte also Kenntnis und Wissen von aktuellen Managementkonzepten und moden. Das geplante Herausgeberwerk soll demnach die wichtigsten, zurzeit gängigen Ansätze präsentieren. Der Tenor dabei wird kritisch-distanziert sein, ohne die Konzepte wegen ihrer instrumentellen Zuspitzung und Einseitigkeit einfach zu verwerfen. Neben der freundlich-kritischen Darstellung und Diskussion aktueller Management- und Führungsmoden sollen allerdings in einem zweiten Teil praktisch und theoretisch gut belastbare Ansätze zum Verständnis der Verwaltung und ihrer Organisation generell dargestellt werden. Es handelt sich hier um grundlegendes Wissen, dass für professionelle Führungskräfte unabhängig von tagesaktuellen Deutungsangeboten notwendig ist. Hier kommen maßgebliche Verwaltungs- und Sozialwissenschaftler zu Wort, die eine organisationssoziologisch informierte Verwaltungswissenschaft so darstellen können, dass sie gleichermaßen den "Praktikern" in Leitungsverantwortung und dem wissenschaftlichen Fachdiskurs gerecht werden. Die zwei Register im geplanten Herausgeberwerk bilden damit die doppelte Grundausstattung professioneller Führungskräfte dar: Sie sollten über ein grundlegendes, organisationssoziologisches Basiswissen hinsichtlich des Funktionierens der Verwaltung verfügen, von dem aus sie dann die aktuellen Managementmoden in ihrem (begrenzten) Nutzen bewerten und einsetzen können.
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